Lesbische Lebensweisen im interkulturellen Kontext
Für viele lesbische Mädchen und junge Frauen ist ein Coming-out in der Familie, in der Schule und Ausbildung nach wie vor nicht leicht. Besonders junge Lesben aus manchen Migrantenfamilien müssen befürchten, von den Familien verstoßen zu werden. Um Vorurteile abzubauen und Frauen das Coming Out zu erleichtern, startete in Berlin eine großangelegte Plakataktion und eine Informationskampagne für LehrerInnen, die bestehenden Ausgrenzungen von Lesben begegnen soll.Die Plakataktion zeigt fünf selbstbewusste junge Frauen unterschiedlicher kultureller Herkunft und macht lesbische junge Frauen deutscher und nichtdeutscher Herkunft in der Öffentlichkeit sichtbar. Das Motto lautet „Çigdem ist lesbisch. Vera auch! Sie gehören zu uns. Jederzeit!“ und ist an eine erste Plakatreihe „Kai ist schwul. Murat auch“ angelehnt. Die Plakataktion richtet sich insbesondere an junge Menschen und ihre Familien. Sie soll Diskussionen in Schulen und Jugendeinrichtungen sowie in den Migrantenkreisen anregen.Um LehrerInnen Hilfe für den Umgang mit dem Thema im Unterricht zu geben, stellte die Berliner Senatsverwaltung in einem weiteren Schritt kürzlich ein Informationspaket zur Verfügung. Die Informationen sollen Lehrkräften helfen, das Thema gleichgeschlechtliche Lebensweisen sachlich und sensibel im Unterricht zu behandeln. Enthalten sind beispielsweise Informationen zum Umgang der verschiedenen Religionen mit Homosexualität. Danach lasse sich die Aussage, dass sich der Islam grundsätzlich gegen Homosexualität richte, in dieser Form nicht verallgemeinern. Zwar verurteile der Koran sexuelle Handlungen von gleichgeschlechtlichen Paaren, gleichzeitig betrachte der Islam die gleichgeschlechtliche Anziehung als natürliches Faktum, das sich z.B. in den Paradiesbeschreibungen widerspiegele, so die Informationsbroschüre.Trotzdem wird in muslimisch geprägten Migranten-Communities das Thema Homosexualität stark tabuisiert, was ein Coming-Out für gläubige Lesben und Schwule sehr schwierig mache. Die deutliche Ablehnung männlicher Jugendlicher mit muslimischem Hintergrund gegenüber Homosexualität hänge weniger mit ihrem religiösem Hintergrund als vielmehr mit einem besonders traditionellen Männer- und Frauenbild zusammen. Weibliche Homosexualität würde demnach vor allem deshalb so vehement abgelehnt, weil sie die Unterordnung der Frau unter einen Mann in Frage stelle, so die Broschüre weiter. Das Informationspaket enthält über Hintergrundinformationen zum Umgang verschiedener Religionen mit Homosexualität hinaus konkrete Unterrichtsbeispiele: Neben Anregungen zur Diskussion im Unterricht über das Plakat „Çigdem ist lesbisch. Vera auch! Sie gehören zu uns. Jederzeit!“, sind Vorschläge für Rollenspiele mit SchülerInnen enthalten. Zudem ist eine Fragebogen für Schüler und Schülerinnen zum Thema.In Nordrhein-Westfalen hatte es zum Thema „Aufklärung“ vor wenigen Monaten einen Eklat um ein EU-gefördertes Handbuch gegeben. In einer Podiumsdiskussion zum 5-jährigen Bestehen des Projektes SchLAu NRW hatte die Bundestagsabgeordnete Dr. Lale Akgün (SPD), der nordrheinwestfälische Landtagsabgeordnete Klaus Kaiser (CDU) und der Diversity-Experte Michael Stuber über die Nutzung von Diversity im Kontext von Bildung und Jugend diskutiert. „Die Diskussion hat aus meiner Sicht sehr deutlich gemacht, dass es weiterhin schwierig und daher häufig nicht effektiv ist, über einzelne Diversity-Themen isoliert zu sprechen – zu stark sind die Einflüsse der individuellen Grundhaltungen“, resümiert Stuber. Diversity biete hier einen neutralen Rahmen und allen Menschen einen Zugang zum Thema. Für die Aufklärungsarbeit empfiehlt Stuber: „Es wird immer wichtiger, die Vielfalt der Zielgruppen und den Wertewandel in der Gesellschaft zu berücksichtigen. Das bedeutet auch, gegenläufige Tendenzen konstruktiv zu adressieren.“ Durch die Arbeit mit Jugendlichen aller sexuellen Orientierungen werde erreicht, dass aufgeschlossene und selbstbewusste Menschen heranwachsen, die später im Arbeitsleben jede Art von Vielfalt erfolgreich nutzen können. „Homosexuelle müssen dann keine Energie mehr darauf verwenden, Teile ihres Privatlebens zu verheimlichen.“, so Stuber weiter.Der Managementansatz Diversity strebt eine multikulturelle Organisationskultur an, in der Ausgrenzungen und Benachteiligungen vermieden werden und die Einbeziehung vielfältiger Beschäftigter angestrebt wird. Diversity berücksichtigt mehrere Faktoren menschlicher Vielfalt, dazu zählen u.a. Alter, Geschlecht, Behinderung, sexuelle Orientierung, Religion und Nationalität. Anders als bei anderen Ansätzen werden diese Dimensionen nicht getrennt voneinander behandelt, sondern in einem Zusammenhang gesehen. Dadurch wird beispielsweise die gleichzeitige Berücksichtigung von sexueller Orientierung und Religion ermöglicht. Konkrete Instrumente des Managing Diversity um Benachteiligungen von Lesben mit oder ohne Migrationshintergrund abzubauen, bestehen in der Bildung von MitarbeiterInnennetzwerken, der Durchführung von Diversity-Tranings und Sensibilisierungsmaßnahmen sowie einer Auditierung der Unternehmenskultur und Personalinstrumente auf Benachteiligung- und Belästigungspotenziale.Weiterführende Informationen finden Sie unter: hier, hier
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