Faire Bezahlung: Das Frauenlohnprojekt von Novartis
Vor drei Jahren fing alles an. Das Gerücht, dass Frauen in Schweizer Unternehmen schlechter bezahlt würden, hält sich hartnäckig. Der Pharmariese Novartis will es genauer wissen und beginnt eine Untersuchung der Löhne der rund 8.000 UnternehmensmitarbeiterInnen in der Schweiz. Nach umfangreichen statistischen Berechnungen beschließt der Konzern in diesem Jahr eine Lohnerhöhung für 900 Frauen um insgesamt rund 3 Mio. Franken, nachdem Diskrepanzen zwischen Frauen- und Männerlöhnen aufgrund des Geschlechts festgestellt wurden.
„Natürlich wollten wir damit überprüfen, ob wir die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. An erster Stelle stand für uns jedoch als Arbeitgeber attraktiv zu sein und alle MitarbeiterInnen fair zu behandeln.“, so die Projektleiterin und Head of Diversity Frau Dr. Amacker. Am Anfang stand die Frage mit welchem Verfahren mögliche Diskrepanzen ermittelt werden und vor allem wer die Untersuchung durchführen sollte. „Für uns war rasch klar, dass wir die Analyse selber machen würden. Zusammen mit IT-Leuten des Unternehmens haben wir dann eine Arbeitsgruppe gebildet und mit der Arbeit begonnen. Wir wollten das Projekt nicht nach außen weitergeben, denn es war uns wichtig, auch andere MitarbeiterInnen durch die Arbeit an dem Projekt für das Thema zu sensibilieren.“, so die Schweizerin weiter. Nach längeren Überlegungen einigte man sich auf ein Konzept zur statistischen Auswertung. Aufgesplittet nach den Kategorien Alter, Funktionsstufe und Jobtitel wurden 300 verschiedene Analysegruppen gebildet, um eine Vergleichbarkeit zwischen den Löhnen herzustellen. Anschließend wurden die Durchschnitte für Männer- und Frauengehälter ermittelt. „Hier stellten wir bereits relativ schnell fest, dass geschlechtsspezifische Unterschiede bei den Gehältern existierten.“, erklärt Amacker. In Orientierung an der Normalverteilung nach Gauß wurden danach Frauen- und Männerlöhne in verschiedenen Lohnsegmenten berechnet und anschließend angeglichen. Insbesondere bei Frauen in niedrigen Lohngruppen wurden Benachteiligungen bei der Entlohnung festgestellt und angepasst. Nach zweieinhalb Jahren Projektarbeit, wurde der Lohn von insgesamt 900 der rund 2.800 Mitarbeiterinnen erhöht. Damit erhält rund ein Drittel der beschäftigten Frauen durchschnittlich 3000 Franken mehr pro Jahr (die Erhöhungen schwanken individuell).
„Das Projekt ist ein großer Erfolg. Unsere weiblichen Mitarbeiter sind sehr zufrieden und auch von den Männern gab es niemanden, der etwas zu kritisieren hatte.“, stellt Frau Dr. Amacker fest. Das Projekt und die Lohnerhöhungen wurden intern breit kommuniziert. Besonders die transparente Darstellung der statistischen Methode habe geholfen, Einsicht und Unterstützung von allen MitarbeiterInnen zu erhalten. Mittlerweile interessieren sich immer mehr Unternehmen für das Frauenlohnprojekt bei Novartis. Denn neben den ethischen Gründen, machen faire Löhne auch ökonomisch Sinn. Bei Auftragsvergaben durch den Bund entscheidet neben anderen Vergabekriterien nämlich auch, ob eine Gleichberechtigung der Geschlechter im Unternehmen vorliegt.
„Ich bin froh, dass wir mit unserem Projekt einer Vorreiterrolle in der Schweiz übernommen haben und immer mehr Firmen von der Notwendigkeit einer fairen Entlohnung überzeugt sind.“, so Amacker. Eine vertiefende Analyse der Gehälter soll nun regelmäßig aller drei Jahre stattfinden.