Schiefe Blicke gegen Dicke: Ein schwergewichtiger Mehrwert für das Unternehmen
Für die einen ist er der Fels in der Brandung, der liebenswerte Ruhepol mit den eisernen Nerven und der wahrscheinlich angenehmste Kollege der Welt – andere zucken mit den Augenbrauen und verziehen das Gesicht, wenn sie ihn sehen. Der schwergewichtige Kollege, der mit so manchem Kilo zuviel auf die Arbeit kommt, ist allzu oft herabwürdigenden Blicken ausgesetzt.
Dabei ist Übergewicht kein exotisches Problem, wie oft angenommen wird. Bei den Männern in Deutschland sind nach einer Erhebung der International Association for the Study of Obesity (IASO) insgesamt 52,9 Prozent übergewichtig, 22,5 leiden unter krankhafter Fettleibigkeit. Bei den Frauen haben 35,6 Prozent Übergewicht, 23,3 Prozent sind adipös. In Deutschland werden jährlich zwischen 10 Mrd. Euro und 20 Mrd. Euro nur für die Behandlung der Folgen von Übergewicht ausgegeben. Zu hören bekommen Dicke ähnliches, was sich auch ältere Kollegen anhören müssen – sie seien öfter krank, weniger belastbar, träge und leistungsfähig, träge und störrisch. Die Folgen sind klar: wer sich in einem Unternehmen nicht wohl fühlt, weil er aufgrund seines Glaubens, seiner Behinderung oder eben seiner Körperstatur diskriminiert wird, der bewirbt sich im Zweifel gar nicht erst. Unternehmen, die sich nicht darum bemühen, auch für schwergewichtige Arbeitskräfte anständige Arbeitsbedingungen zu schaffen, verschließen sich möglicherweise dem Fachmann oder der Fachfrau, den/die sie seit Jahren suchen. Man darf nicht vergessen: die Statur eines Menschen gehört zwar nicht zu den sechs Diversity-Kerndimensionen, trotzdem muss dieser Dimension im Rahmen einer umfassenden Diversity-Strategie eine besondere Aufmerksamkeit zukommen.
Doch der Umgang mit fülligen Kollegen umfasst nicht nur zwischenmenschliche Verhaltensweisen. Gleichermaßen gilt es zu prüfen, ob die Rahmenbedingungen für eine vollwertige Mitarbeit im Unternehmen bestehen. Denn Fettleibigkeit kann auch als Behinderung im wörtlichen Sinne verstanden werden – wenn der Kollege beispielsweise durch schlechtes Büromobiliar dabei behindert wird, seiner Arbeit nachzugehen und einen Mehrwert für das Unternehmen zu schaffen. Bei einer Befragung der Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers von 30 multinationalen Unternehmen gab die Hälfte an, unternehmensinterne Präventionsprogramme anzubieten. Dabei können die Maßnahmen einen ziemlich lockeren Charakter haben – eine Joggergruppe, ein Fußballteam oder ein Fitnesstreff. Das stärkt nicht nur die eigene Kondition, sondern auch den Teamgeist. Und ganz nebenbei gelten Gesundheitsausgaben als echtes Investment in die Zukunft: Der PWC-Studie zufolge erhalten Unternehmen für jeden Dollar oder Euro, den sie für Präventionsmaßnahmen ausgeben, drei zurück. (swi)