Erfolgsfaktor Homosexualität Annäherungsversuche der Wirtschaft vielversprechend

Rund ein Viertel (1,05 Mio) aller homosexuellen Erwachsenen (4,2 Mio) nimmt inzwischen bundesweit an den jährlichen

Großveranstaltungen zum „Christopher Street Day“ (CSD) aktiv teil. Diese Zahl hat sich in den letzten fünf Jahren knapp vervierfacht; die Anzahl der Events ist seit 1993 von zehn auf 22 angestiegen. „Damit wird deutlich, daß Schwule und Lesben nicht mehr bereit sind, sich zu verstecken oder Benachteiligungen hinzunehmen. Unternehmen müssen dies mehr als bisher durch eine offene Unternehmenskultur, im Personalmanagement und in der Werbung berücksichtigen“, empfiehlt der Kölner Unternehmensberater Michael Stuber von mi•st [ Consulting, der führende Unternehmen wie die Deutsche Bank oder Kraft Foods bei der optimalen Nutzung von Vielfalt (Diversity) berät. Die EPOA (Europaverband der CSD Organisatoren, Berlin) hat aktuelle Zahlen vorgelegt: In diesem Jahr fanden in Europa 68 Events statt – überwiegend mit Demonstrationen oder Paraden, bei denen insgesamt 3,5 Millionen Teilnehmer und Zuschauer gezählt wurden. 1995 waren es europaweit noch 35 Veranstaltungen mit 700.000 Beteiligten. „Dies ist nur durch den wachsenden Stolz der Homosexuellen zu erklären“, kommentiert Stuber, „Gleichzeitig haben die Medien und die Gesellschaft – auch in Deutschland – erkannt, daß gleichgeschlechtliche sexuelle Orientierung ebenso natürlich ist, wie die Anziehung zwischen Mann und Frau. Nun muß diese Normalität auch in Unternehmen einkehren, wo sich noch bis zu 80 % aller Homosexuellen diskriminiert fühlen.“ Die Ausgrenzung von Homosexuellen geschieht meist unbewußt, führt dennoch stets zu wirtschaftlichen Verlusten. So verwenden Homosexuelle häufig (Arbeits-) Energie darauf, ‚unerkannt‘ zu bleiben oder sie verlassen ein Unternehmen, in dem Schwulen- & Lesbenwitze geduldet werden. „Die Wirtschaft kann diese Kosten vermeiden und durch die gezielte Nutzung der gesamten Vielfalt aller Beschäftigten zudem an Innovationskraft gewinnen“, erklärt der Diversity-Experte Stuber. Die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft zwingt Unternehmen auch, die Welt häufiger durch die rosa Brille zu betrachten; so werden auch subtile Benachteiligungen erkennbar. „Vergünstigungen für Eheleute müßten auch für gleichgeschlechtliche Paare zugänglich sein“, rät Management-Berater Stuber und ergänzt, „Werbeanzeigen und –spots sollten, wenn überhaupt, nicht ausschließlich heterosexuelle Paare zeigen, zumal traditionelle Rollen- und Familienvorstellungen ohnehin seltener geworden sind.“ Tatsächlich strömen auch – überwiegend heterosexuelle – Zuschauer zunehmend auf schwul-lesbische Großveranstaltungen. 1995 waren dies bundesweit 105.000, dieses Jahr kamen nach Berechnungen von mi•st [ Consulting schon insgesamt 988.000, um mit ihren homosexuellen Freundinnen und Freunden zu feiern.